Leben & Arbeit
Leben & Arbeit
Seit über 35 Jahren Jahren arbeitet der Perkussionist, Multiinstrumentalist und Komponist Maurice de Martin im Bereich der zeitgenössischen Musik und anderer experimenteller Musik(en). Neben seinem Wirken als Musiker arbeitet und forscht er als Künstler auf dem Feld der Klangkunst und partizipatorischen Prozesskunst.
Musik
Maurice de Martin reüssierte 1991 als Schlagzeuger mit der Münchner Art-Rock-Band Brother Virus und ihrem Debüt-Album „Happy Hour - Live at the Knitting Factory“ auf ENJA Records. 1993-95 lebte und arbeitete er in New York City, wo er aktives Mitglied der Downtown Avantgarde um die „Knitting Factory“ wurde. Während dieser Zeit studierte er u.a. Schlagzeug bei Dennis Charles, Gene Jackson, Sam Ulano, Michael Carvin und Joey Baron und zeitgenössische Musik bei Prof. Dr. Dinu Ghezzo (NYU) und beim georgischen Meisterkomponisten Giya Kancheli.
1995 zog er von NYC nach Berlin, wo er bis heute als freischaffender Musiker lebt. Von 1997-99 bereiste er Rumänien und Bulgarien mit einem Stipendium des DAAD und studierte dort osteuropäische Folklore. 1997 gründete er mit dem rumänischen Pianisten Mircea Tiberian das Jazzensemble Interzone mit Musikern aus West- und Osteuropa und 2000 das Berlin Jazz Composers Ensemble. Mit ihm nahm er das Werk Transylvaniana auf, das seine Folklore-Recherchen reflektiert.
Zwischen 2000 und 2005 war de Martin Schlagzeuger in verschiedenen Formationen der polnischen „Yass“-Szene, u.a. zusammen mit dem Bassisten Olo Walicki, Adam Pierończyk und im Trio des Pianisten Leszek Możdżer. In Berlin arbeitete er u.v.a. mit Free Jazz-Bassist Sirone, sowie international mit Elliott Sharp, Gary Thomas, Tim Berne, Marc Ducret, John Taylor, Terje Rypdal, Palle Mikkelborg, Melvin Gibbs, Herb Robertson, Iwo Papasow und der rumänischen Hochzeitsband „Musica de la Marsa“.
De Martin ist seit 1999 festes Mitglied des Ensembles zeitgenössischer Musik zeitkratzer, mit dem er u.a. die Musik von John Cage, Karlheinz Stockhausen und James Tenney, aber auch Kraftwerk und Whitehouse aufnahm. Im Kontext dieses Ensembles kam es zu zahlreichen Kooperationen mit bedeutenden Protagonisten der zeitgenössischen Avantgarde, wie Lou Reed, Laurie Anderson, Alvin Lucier, Arto Lindsay, Keiji Haino, Carsten Nicolai, Oval, Manuel Göttsching, Terre Thaemlitz, Alvin Curran. 2003-08 bestand sein eigenes Trio 3D mit dem Kölner Vibraphonisten Christopher Dell, mit dem er zwei Alben veröffentlichte. 2008 bis 2010 war er zu drei längeren Aufenthalten in Seoul/Südkorea, was zur Zusammenarbeit mit traditionellen Samulnori-Musiker*innen führte.
De Martin wirkte mehrere Jahre (2006-09) als Komponist, Performer und musikalischer Leiter an der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz für Produktionen des Regisseurs Thomas Ostermeier und kooperierte mit der Tanz-Choreografin Sasha Waltz. Als Klangkünstler konzipiert er Werke mit gesellschaftlichen und historischen Fragestellungen und hat hierbei u.a. mit dem Museumsquartier Wien/Tonspurpassage zusammengearbeitet. Seit 2018 arbeitet er zusammen mit dem Berliner Musiker/Produzenten Dirk Dresselhaus aka. Schneider TM, dem Posaunisten Hilary Jeffery und der Schauspielerin Susanne Sachsse an einam zeitgenössischen Revival der „Internationalen Damen-Showband GIRLS“ vor, die seine Mutter Anny de Martin als Schlagzeugerin 1967 im oberbayerischen Kolbermoor gründete. Bisher wirkte de Martin an der Veröffentichung von 80 Alben (LP/MC/CD/DVD) mit, 15 davon als Leader.
Kunst
Seit seinem Master-Studium „Contemporary Arts Practice“ and der HKB Bern/CH hat de Martin sein Wirkungsfeld auf die Klang- und Installationskunst, vor allem aber auf ein zeitgenössisches, partizipatorisches Format der Prozesskunst ausgeweitet. Heute bewegt sich de Martin mit seinen Projekten dezidiert außerhalb konventioneller (Hoch)Kultur-Kontexte und kooperiert mit Menschen, die bis dato noch wenig oder auch keine Möglichkeit erhalten haben, mit den Praktiken zeitgenössischer Kunst und Musik in Kontakt zu kommen. Es ist sein Kerninteresse, in gemischter Kooperation mit „Laien“ und „Profis“ Projekte zu realisieren, die bewusst nicht niederschwellig gehalten sind.
Beim Langzeitprojekt UNKNOWN SPACES (gemeinsam mit der Regisseurin Janina Janke) arbeitete er 2011-16 in den vier Hauptquartieren der Vereinten Nationen (Wien, Genf, Nairobi, NYC) mit deren Mitarbeiter*innen zusammen und untersuchte die Stellung des Individuums innerhalb der komplexen UN-Strukturen. Diese künstlerische Forschungsarbeit wurde von leitenden UN-Offiziellen (u.a. UN Generalsekretär Ban Ki-moon) hervorgehoben, weil sie einerseits den UN Mitarbeiter*innen neue Perspektiven auf ihre Arbeit vermittelte, andererseits Außenstehenden ungewöhnliche Einblicke in den Alltag internationaler Diplomatie erlaubte und darüber hinaus drei Gruppen (Bürger, Diplomaten und Künstler) in einen direkten Dialog brachte.
Mit seinen Projekten C-Zone (Guggenheim-Lab), Maurice ist da!, Temporäre Kunstakademie Marzahn und Unholdt-Forum führte er in Kooperation mit der Galerie M in der Großraumsiedlung Berlin-Marzahn über fünf Jahre (2012-16) hinweg Menschen aus unterschiedlichsten Kontexten und Altersgruppen zusammen. Sein Hauptthema war hierbei die Frage nach Wert und Funktion von Kunst in einer Gesellschaft mit stark veränderten Gemeinschafts- und Arbeitsstrukturen. Über die 1.Sommerakademie@Häselburg und das Folgebrojekt Gera2025? in der ostthüringischen Kleinstadt Gera hat er 2017 neben diesen Prinzipien neue Fragestellungen auf dem Feld der öffentlichen Debatte, sowie der künstlerischen Kooperation zwischen und mit psychisch und physisch kranken Menschen entwickelt. In diesem Kontext führte er über „Just Intonation“ (Oktober 2018 - Juni 2019) mit knapp 200 Patienten und Mitarbeitenden einer psychiatrischen Klinik in Brandenburg ein musikbasiertes, partizipatoisches Prozesskunstprojekt durch, über das ein ungewöhnlicher Rollentausch erfolgte: Patienten schrieben Partituren, die -unter ihrer Leitung- von ihren Ärzten und professionellen Musikern zur Aufführung gebracht wurden.
Ausbildung
2009-2011 Master of Contemporary Arts Practice, Hochschule der Künste Bern/CH
2008-2010 Studium der traditionellen koreanischen „Samulnori“-Perkussion
1998-1999 Osteuropäische Folklore, Academia de Muzica Cluj-Napoca/RO
1995-1997 Studium Diplom-Musikerziehnung (DME), HdK (heute UDK) Berlin
1994-1995 Kompositionsunterricht bei Giya Kancheli, NYC & Berlin
1993-1994 Kompositionsunterricht bei Prof. Dino Ghezzo, New York University/USA
1993-1994 Ausbildung zum Straßenmusiker, Projekt „Music Under New York“/USA
Lehre
De Martin ist seit 2010 Dozent an der Hochschule der Künste Bern/Schweiz im „Y-Institut für Transdisziplinarität“. Zudem unterrichtet(e) er dort in den Fachbereichen Theater, Musik und Forschung. Seit 2018 unterrichtet er als Dozent im „Studium Fundamentale“ an der Medizinischen Hochschule Brandenburg „Theodor-Fontane“ (MHB). Er ist/war als Gastdozent/Referent/Seminarleiter bisher an folgenden Instituten tätig: HU Berlin, Folkwang-Universität Essen, Alanus-Hochschule Alfter bei Bonn, Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle, Mazaryk Universität Brno/CZ, Musikuniversität Bukarest/RO, Universität Nantes /FR, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt/AT, KGIT Seoul/KOR, Brockwood Park School/GB
Theorie & Forschung
In der Schweiz und in Österreich betätigt de Martin sich in auf dem Feld der künstlerischen Forschung und war u.a. 2011-15 Mitglied des österreichischen FWF Forschungsprojekts ‚Andere Räume-Knowledge through Art‘. In der Schweiz hat er 2010-11 im Rahmen eines HKB-Forschungsprojekts über die „Situation der Autorschaft in der Musik“ geforscht.
Referenzen
Musik & Theater
Knitting Factory NYC, CBGB's NYC, Münchner Philharmonie, Konzerthaus Wien, Queen Elizabeth-Hall London, Jahrhunderthalle Bochum, Akademie der Künste Berlin, Volksbühne Berlin, Schaubühne Berlin, Haus der Kulturen der Welt Berlin, EXPO Hannover 2000, Steirischer Herbst Graz, Biennale Zagreb, Genf Archipel, Göteborg Sound Art, Donaufestival Krems, Theaterhaus Stuttgart, Stadtgarten Köln, Essener Philharmonie, Auditorio National Madrid, Les Musiques Festival Marseille, Athens Festival, Jazz Institut Darmstadt, Warsaw Jazz Jamboree, Polska Filharmonia Baltycka Gdansk, Torun Art Nova Festival, Huddersfield Contemporary Music Festival, Salamanca Festival, Disgressions Barcelona, ETNA-Fest Sicilia, Theatro-Festival Napoli, Whynote Dijon, Theatre National de Chaillot Paris, Schillertheater Berlin, Mogosoaia Palace Bucharest, KGIT Seoul,South Korea, Audiconciertos Zaragoza, Philharmonie Luxembourg, Jazzfest Berlin, ULTIMA-Festival Oslo, SWR Baden-Baden, Musik Triennale Cologne, Melos-Etos Bratislava, VWS Berlin, UdK Berlin, Palast der Republik Berlin, Radio-Music-Hall Bucharest, ARCUB Bucharest, Taktlos Zürich, Ruhrtriennale, Zollverein Essen, Ensemble-Akademie Darmstadt, C3-Festival Gdansk, Maerzmusik Berlin, Berghain Berlin, Wroclaw Avant Art, Onassis Cutural Center Athens, Sing-Sing Festival Belgrade, Sound Live Tokyo, Super Deluxe Tokyo, Klangspuren Innsbruck, Meteo Festival Mulhouse, FAR Festival Nyon, Kammerspiele München, HAU Berlin, RomaEuropa, Sacrum-Profanum Cracow, ULTIMA Oslo, Konzerthuset Copehagen, UNAM Mexico City, Roskilde-Festival, DAAD Künstlerprogramm Berlin, Tonhalle Düsseldorf
Kunst & Literatur
Serpentine Gallery London, Hamburger Bahnhof Berlin, Temporäre Kunsthalle Berlin, Museumsquartier Wien /Freiraum INTERNATIONAL/Quartier 21, Haus am Waldsee Berlin, Galerie M Berlin-Marzahn, Bucharest Literature Museum, Galerie Klingenthal Basel, Palatul Mogosoaia Bucharest, BMW-Guggenheim-Lab, ARCUB Cultural Foundation Bucharest, Museum für Kommunikation Berlin, Hamburger Bahnhof Berlin
Ausstellungsbeteiligungen
„Zeigen“ Temporäre Kunsthalle Berlin 2010, "In Transit", HKB, Papiermühle Bern 2011, „C- Zone“ & „EarCity“, BMW-Guggenheim-Lab 2012, „UNKNOWN SPACES“, Donauturm Wien 2013 & Museumsquartier Wien 2015, „Maurice ist da!“, Galerie M, Berlin-Marzahn 2013, „WIR sind die (!) Künstler!“ Galerie M, Berlin-Marzahn 2014, „UNKNOWN SPACES“, UN-Hauptquartier New York City und Goethe-Institut NYC 2015, „Morgenarbeit“ Tonspurpassage, Museumsquartier Wien 2015/16, „ESPACE UNCONNU/Quartier Général“, Palais des Nations, Genf & FAR° Festival, Nyon 2016, „SCORES“ Hamburger Bahnhof, Berlin 2016, „(un)fortunately the Show must go on“, Musikuniversität Bukarest & Goethe-Institut Bukarest 2016. „Wir sind die (!) Wilden“, Galerie M, Berlin-Marzahn 2016/17, „Im Land der Germonen“, Häselburg, Gera 2017, „Tempel der Göttin der Dienstleistung“, Lange Nacht der Museen, Gera 2017, Schloss Biesdorf /Berlin „Ankommen“ 2018, „Just Intonation“ / „Werk statt Eröffnung“, Immanuel-Klink Rüdersdorf 2019
Musiker*innen/Komponist*innen/Ensembles
Ensemble Zeitkratzer, Laurie Anderson, Keiji Haino, Elliott Sharp, Herb Robertson, Arto Lindsay, Alvin Lucier, Bern Nix, Peter Kotik, Dinu Ghezzo, Norris Jones aka Sirone, Wilbert de Joode, Tim Berne, Melvin Gibbs, Gary Thomas, Alvin Curren, Ivo Papasov, Terre Thaemlitz, Manuel Göttsching, Rechenzentrum, Carsten Nikolai aka Alva Noto, Ekkehard Ehlers, Hildur Guðnadóttir, Olo Walicki, Leszek Mozdzer, Mircea Tiberian, Franz Hautzinger, Gunnar Geisse, Christopher Dell, Chris Dahlgren, Roberta Piket, Radio Symphony Orchestra Bucharest, Baltic Philharmonic Brass Players Gdansk, Terje Rypdal, Palle Mikkelborg, Eric Mingus, Dirk Dresselhaus aka Schneider TM, Mariam Wallentin
Regisseure & Kollektive
Thomas Ostermeier/Schaubühne am Lehniner Platz/Berlin, Janina Janke/Operdynamo West/Berlin, Lukas Bangerter/Plasma/Zürich; She She Pop/Berlin; CHEAP/Berlin; Tanzcompagnie Rubato/Berlin
Choreograf*innen, Tänzer*innen, Performer*innen
Sascha Waltz (&Friends), Saskia Edens, Mili Bitterli, Constanza Macras, Angela Meindl, Lucia Kasiarova, Kim Jung Sun, Hyoung-Min Kim, Gail Sharrol Skrela, Florencia Lamarca, Maximilian Brauer, Susanne Sachsse, Vaginal Davis, Jutta Hell, Mercedes Appugliese, Dieter Baumann, Alessandra Defazio, Viviana Defazio, Alexander Nickmann, Carlos Osatinsky, Fernando Pelliccioli, Anja Sielaff
Bildende & Medien-Künstler*innen
Jorinde Voigt, Christine Thepenier, Lillevan, Sebastien Dupouey, Pola Sieverding
Institutionen
United Nations, Auswärtiges Amt, Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (BKM), div. Deutsche Botschaften und Konsulate, German Missions to the UN NYC & Genf, Swiss Mission to the UN Genf, Robert Bosch Stiftung, Montag Stiftung, Kulturstiftung des Bundes, Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Ausstellungsfonds für die kommunalen Galerien der Berliner Bezirke, Migros Kulturprozent, Stadt Bern, Ernst Gröhner Stiftung, Kulturreferat München, FWF (Österreichischer Wissenschaftsfonds), Deutsches Kulturforum östliches Europa, UNESCO, IBA Thüringen, Immanuel Klinik Rüdersdorf, Montag Stiftung, Musikfonds, Stechlin-Institut